Heimo Zobernig
Opening: 03. March 2023, 7 pm
März - April 2023

Text zur Ausstellung
Heimo Zobernig –  Die Farbe Weiß und die Konstitution von Raum

Heimo Zobernigs künstlerisches Konzept basiert auf einer Hinterfragung dessen, was wir sehen. Er verwendet Stoffe, Gegenstände, architektonische Elemente, Farben, geometrische Formen oder Materialien des alltäglichen Lebens, die wir normalerweise als so selbstverständlich ansehen, dass wir ihre Eigentlichkeit, ihre reine Präsenz und ihre Autonomie nicht mehr wahrnehmen. In seinen Werken spielen die Wahrnehmung und die subtile Brechung bzw. Aufhebung der ursprünglichen Funktionalität eine wesentliche Rolle. 

In der aktuellen Ausstellung präsentiert der Künstler z.B. ein einfaches Regal mit einem blauen verschlungenen Formelement. Das Regal wird selbst zum architektonischen Objekt, mit seinen unterschiedlichen Fächern, in denen eines mit dem eben erwähnten Objekt gefüllt ist. Das Oszillieren zwischen einfachem Gebrauchsgegenstand und skulpturaler Form ist Thema dieser Arbeit.

Wenn man die Galerie Widauer betritt, sieht man sich im Hauptraum unterschiedlich großen, weißen, quadratischen Bildflächen gegenüber, die in verschiedenen Gruppierungen an den drei Wänden appliziert sind. Das Weiß bedeckt jedoch nur die Grundfläche, der Bildkörper ist mit bunten Stoffen bespannt, die durch die Intensität der Farben an den Rändern leuchten. Wir sehen rote, grüne und blaue Farbelemente, die dem Bild einen Rahmen zu verleihen scheinen. Bei Zobernig ist neben der unmittelbaren Wahrnehmung jedoch auch die Genealogie der einzelnen Elemente von entscheidender Bedeutung. 

So bezeichnet er die Farben als videoblau, videorot bzw. greenbox Trevira. Somit postuliert er einen entscheidenden situativen Kontext. Es handelt sich um Farben, die für Bluebox oder Greenbox Techniken verwendet werden. In Filmstudios aber auch im Fernsehen allgemein benutzt man diese Technik, um vor allem Personen vor einem Hintergrund zu isolieren und z.B. einen anderen Hintergrund einzublenden. Für diese Vorgehensweise, dem sogenannten Chroma

Keying, ist es vorteilhaft, Farbtöne zu wählen, die im Kontrast etwa zum menschlichen Hautton stehen, daher die Präferenz für Grün oder auch Blau. Da die Farbe Grün das Licht besser reflektiert als Blau, bevorzugt man oft Grün, da Blau die doppelte Lichtmenge benötigt. 

Vor diesem Hintergrund erschließt sich nun die subtile künstlerische Intervention Heimo Zobernigs. Die Vermischung von Licht oder auch eine additive Farbmischung ermöglicht es, in der Kombination von Rot, Blau und Gelb in heller Intensität, die Farbe Weiß zu erzeugen. Zobernigs weiße Bilder sind also nicht das Resultat eines malerischen Prozesses oder etwa der Versuch, einen malerischen Kontrast zwischen monochromem Weiß und den farbigen Kanten zu erzeugen. Sie vermitteln vielmehr die reine Präsenz physikalischer Gegebenheiten, und zum anderen spiegeln sie auf minimale Weise das faszinierende Wechselspiel zwischen Licht, Transparenz und Durchdringung des Raumes wider. Das Weiß ist die Essenz des Farbigen, das wiederum seinerseits eingesetzt wird, um Dinge unsichtbar zu machen. Die komplexen Prämissen der Kunst von Heimo Zobernig präsentieren sich als zwingend logische sichtbare Elemente der Wahrnehmung. Das Weiß verweist als Sichtbarmachung des Abwesenden auf die Bedeutung der Farben, die leuchtende Indikatoren des Raumes und in diesem Fall der Aufhebung des Gegenständlichen sind. Die Blue-bzw. Greenbox hat hier keine narrative Funktion im Sinne einer visuellen Isolierung von Personen. Die Farbe übernimmt semantisch die ihr durch Chroma-Keying zugewiesene Rolle einer isolierten Fläche, ohne Inhalt, als reine Farbe und Form.

Zobernig geht es um den Prozess der Erzeugung von Raum, Licht und Farbe durch die Präsenz von Weiß, das wiederum selbst Inbegriff des Immateriellen ist. 
Gaby Gappmayr 2023