RICHARD HOECK

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Selected Works
Exhibitions
   Dandyism in Globalization, 2019
   Sex Appeal of the Inorganic, 2016
   Grotesque, 2010
   Something for Everyone, 2005
   No Place to Hang your Hat, 1999


JOHN MILLER

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Selected Works
Exhibitions
    Egocentric Preserves, 2021
    Ansammeln, 2019
   Sex Appeal of the Inorganic, 2016
   Grotesque, 2010
   Something for Everyone, 2005
   Topographie für ein Museum
   (Ohne Wände), 2002
   No Place to Hang your Hat, 1999

Richard Hoeck - John Miller
Grotesque
Opening: 12. May 2010, 7pm
May - July 2010

Text zur Ausstellung

Richard Hoeck und John Miller zeigen in ihrer Ausstellung drei medial verschiedene Arbeiten, deren Inhalte sich aufeinander beziehen lassen: eine Rauminstallation mit einer von der Decke hängenden Schaufensterpuppe; ein Dreikanal Videoprojekt mit Ausschnitten aus Filmklassikern der 70er und 80er Jahre, sowie das Objekt eines Schlagringes, das mit Swarovski Steinen besetzt ist.

Der Raum, in dem die Puppe herabhängt ist schwarz ausgemalt, sodass sich ein gespenstischer Eindruck mit erotischen Untertönen ergibt. Das herabfallende Kleid gibt den Blick auf den Puppenkörper frei und verleiht der Figur eine buchstäblich abgründige Erotik. Die Arbeit verkehrt den hellen Raum in eine dunkle Höhle und die weiblichen Figur in ein stalagtitenartiges Wesen. Betrachtet man die Schaufensterpuppe als Symbol für Konsumverhalten und Warenfetischismus, so wird mit ihrer Entblößung auch die sonst verborgene Erotik fetischisierender Werbung offen vor Augen geführt und gleichsam entkleidet. Dass unsere Libido im Zusammenhang kommerzieller Verwertungen immer getarnten Verführungen unterliegt, die umso besser funktionieren, je weniger sie bemerkt werden, ist eine groteske Tatsache. Der Werktitel „Groteske “ scheint darauf anzuspielen und verweist zugleich auf das grottenartige Erscheinungsbild der Installation.

Auch die dreiteilige Videoarbeit „Don´t look back “ handelt von Scheinmoral und deren Entblößung. Hoeck hat dafür drei Filme als Ausgangserzählungen verwendet und durch Schnitte und Parallelführungen zu einem neuen Gewebe verdichtet, in dem die gesellschaftlichen Widersprüche und verlogenen Romantiken, die z.T. auch in den Filmen kommentiert werden, zum zentralen Thema werden.

Aus Andy Warhols „Blood for Dracula “ (1974), Johns Waters „Female Trouble “ (1974) und David Morrels „Rambo III (1988) wurden Szenen ausgewählt und bearbeitet, in denen die Beziehungen zwischen Sexualität, Gewalt und gesellschaftlichen Rollenbildern im Mittelpunkt stehen: John Waters zynisch-anarchische Satire auf den Schlankheitswahn und die Fetischisierung von Jugend und Schönheit; Andy Warhols lustvolle Paraphrase auf die katholische Scheinmoral, die sogar seinen Dracula zum Kotzen bringt, weil die Jungfrauen, die er aussagt, gar keine sind; und schließlich das Heldenepos vom amerikanischen Afghanistankämpfer Rambo, der die Mudschahiddin unterstützt und damit einem romantisch verklärten Geschichtsbild Vorschub leistete, das dem Westen noch gehörig auf den Kopf fallen sollte. Hoecks Inszenierung verwandelt diese Erzählungen in eine Trilogie der Lügen und ihrer Folgen mit entwaffnenden Einsichten.

Den weltweit durchschlagenden Erfolg des Glasschmucks von Swarovski, sowie das Engagement dieses Unternehmens für Gegenwartskunst hat der Künstler zum Anlass genommen, einen Schlagring mit den funkelnden Glassteinen der Firma schmücken zu lassen. Damit überlagert er einen Gegenstand roher physischer Gewalt mit einer schmückenden Tarnung und erzeugt ein Hybrid, in dem das Gegensätzliche aufeinander verweist. Auch hier begegnet man der Verknüpfung von Verführung und Verbrechen, von Fetisch und Macht. Nun werden diese Zusammenhänge und Wechselbezüge durch eine Form der Verkleidung offengelegt, die sprichwörtlich in sich schillernd ist: Wie der Schlagring gibt sich auch der glitzernde Strass als etwas Anderes aus und täuscht eine Kostbarkeit vor, die in Wahrheit bloßer Schein ist.

Rainer Fuchs

Stellvertretender Direktor MUMOK-Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien