Manuel Gorkiewicz feat. Kerstin Cmelka
Opening: 9. June 2017, 7pm
June - September 2017

Text zur Ausstellung
Manuel Gorkiewicz und Kerstin Cmelka Über das Tuning des Alltäglichen und das Existenzielle des Performativen

Für die aktuelle Ausstellung in der Galerie Widauer haben Manuel Gorkiewicz und Kerstin Cmelka ein Raumkonzept erarbeitet, bei dem zwei wesentliche Aspekte im Mittelpunkt stehen. Dies ist zum einen die Frage nach dem Kontext von Kunst und zum Anderen die Hinterfragung traditioneller Kunst- und Präsentationsformen. Auf den ersten Blick sind Gorkiewiczs Arbeiten Handyfotos, scheinbar zufällig festgehaltene Momente des Alltäglichen. Jedoch verbindet er die Fotografie mit geometrisch zarten Farbflächen auf der Wand, die sich als Farbfilm auch über die Fotografien ziehen und so das Werk ins Räumliche verlagern. Die Farben und Formen basieren auf Produktdesigns aus der Kosmetikindustrie. Es ist das wohl durchdachte Farb- und Formkonzept etwa bei Lidschattenpaletten, das sich in den Bildern widerspiegelt. Gorkiewicz hinterfragt mit großer Leichtigkeit mit seinen feinen Kompositionen die auf reine Dekoration ausgerichtete Industrie, die mit verführerischen Bezeichnungen der Paletten die Sehnsüchte potentieller Käuferinnen weckt. Dieses Konzept setzt sich in den Skulpturen fort, die ursprünglich als dekorative Elemente in Wohnlandschaften großer Möbelhäuser fungierten. Gorkiewicz entzieht sie diesem Kontext, überzieht sie mit industriell gefertigten Mustern, entwirft vielfältige Sockel, die an Elemente aus Autotuningwerkstätten erinnern, wie Schalthebel, Metallböden, dicke Schrauben etc. und setzt sie in der Galerie einem Kunstkontext aus. Sein Postulat ist es, den Objekten des Alltäglichen, ja Banalen die Aura eines Kunstkontexts zu verleihen und sie so zu transformieren und zu autonomen, wahrhaftigen Kunstobjekten zu machen.

Ähnliches gilt für den zweiten Raum, wo Kerstin Cmelka auf fast archaisch, intensive Weise die Ursprünge des Performativen evoziert. Der Besucher befindet sich in einer an szenisch theaterhaften Gesamtinstallation. Einem Bühnenbild gleich mit Requisiten erinnern Girlanden an den Wänden, Stills aus einer Perfomance, die Schneiderpuppe mit einem metallisch glitzernden Fransenkleid sowie ein zum Verweilen einladender rosaroter Stoffsack in Form einer Hand vor einer Videowand an Urelemente des Theaters und des Films. Und wenn im Video „The Animals“, hier ein Teaser zu ihrem abendfüllenden Spielfilm, in dem sich die Darsteller und auch die Künstlerin selbst wie in psychogrammatischen Studien nach dem Prinzip des Method Acting durch die Verinnerlichung eigener Erfahrungen auf existenzielle Weise entäußern, dann ist dies die Rückkehr zu den fundamentalen Bedingungen des Films und des Performativen.

Die Werke von Gorkiewicz und Cmelka legen auf ganz unterschiedliche Weise die Kontextualisierung des alltäglichen Objekts einerseits und die eindringliche Einfachheit und Unmittelbarkeit des Körperlichen im Raum. Die requisitenhaften Elemente sind Auslöser für die Reflexion und Transformation des Sichtbaren durch die Besucher der Ausstellung.                     

Gaby Gappmayr, 2017