Heinz Gappmayr
Opening: 15. October 2010, 7pm
October - November 2010

Text zur Ausstellung
Heinz Gappmayr – „Sprache als Möglichkeit von Kunst“

Dies ist der Titel eines Vortrags von 1982, in dem Heinz Gappmayr über die Grundlagen seines künstlerischen Konzepts sprach. Seit Ende der 1950er Jahre beschäftigte sich Gappmayr mit den Möglichkeiten von Sprache als einem Medium der bildenden Kunst. Er schreibt dazu: „Die Besonderheiten sprachlicher Wirklichkeit, die Begriffe im Vergleich zu den Gegenständen der Wahrnehmungswelt, ihre Abstraktheit und Unbestimmtheit ermöglichen ein Kunstkonzept, das auf Leichtigkeit und Transparenz und auf die Aktivität des Betrachters ausgerichtet ist. [...] Je nach Interpretation werden die Bedingungen von Sprache und Wort und die Eigenständigkeit der Begriffe sichtbar. Dabei eröffnen sich Möglichkeiten, die für diese Art sprachlicher Präsentation spezifisch und anders kaum realisierbar sind.“ 

Die für die Ausstellung in der Galerie Widauer noch vom Künstler selbst konzipierte Rauminstallation steigt  fällt veranschaulicht auf beeindruckende Weise die Möglichkeiten einer Kunst, in der die Sprache nicht nur Medium, sondern auch selbst Kunstgegenstand ist. Die Verben sind raumbildend, sie verkörpern divergierende Bewegungen im Raum. Die Dimension des Werkes und die vertikale Positionierung der Buchstaben lösen die Wörter aus einem möglichen linearen Textkontext. Die grammatikalische Form intendiert einen Gegenstand, der aber fehlt. Es geht auch nicht um die Bewegung eines einzelnen Objekts, sondern vielmehr um die kategoriale Implikation der beiden Begriffe.

Die Wand in der Galerie und der Raum werden zu Trägern einer  räumlichen Bestimmung. steigen und fallen sind ebenso elementare, sich gegenseitig bedingende Begriffe wie oben / unten oder auch vertikal / horizontal. Durch die räumliche Intensität der Darstellung ist der Betrachter gleichsam Teil des Werkes, er selbst bewegt sich inmitten räumlicher und zeitlicher Bestimmungen. Das Werk spiegelt somit auch Konstituenten des Existentiellen wider.

In seinen späten Werken kehrt Gappmayr wieder ganz zur Isolation einzelner Wörter auf der Bildfläche zurück. Es sind Bilder, in denen die Bedingungen und Eigenschaften von Sprache das künstlerisch relevante Thema sind. Die Sprache als subtiles System aus Zeichen und Lineaturen: Durch das Weglassen eines Striches wird ein Plus zu einem Minus, wird also Positiv zu Negativ, ein inhaltlicher Abgrund zwischen zwei Zeichen, die sich nur minimal voneinander unterscheiden. Ein nur in der Sprache so realisierbares Werk ist Weiss im Dunkeln. Poetisiert wird hier die Unbestimmtheit und Labilität von Farbbegriffen. alles nicht sichtbare verweist auf die Realität und Präsenz des nicht Sichtbaren.

In Gappmayrs Werken geht es immer um die Universalität des Begrifflichen und die Schönheit sprachimmanenter Reflexionen. „Der Sprache als Kunst“, so Gappmayr, „geht es um die Realität des Gedachten im Zusammenhang mit den Bedingungen des Entstehens von Sinn durch die Lautzeichen und die Schrift.“                            

                   Gaby Gappmayr, 2010