Heinz Gappmayr
Opening: 16. November 2007, 7pm
November 2007 - January 2008

Text zur Ausstellung
Heinz Gappmayr Wort und Bedeutung

Heinz Gappmayr zeigt in dieser Ausstellung in der Galerie Widauer die unerschöpflichen Möglichkeiten, die Sprache als Kunstgegenstand zu thematisieren. Seit den frühen 60er Jahren ist die geschriebene Sprache Gegenstand seiner Werke. Sie scheint uns durch den täglichen Gebrauch vertraut zu sein. Doch durch ihre Verwendung als Träger von Inhalten, Bedeutungen und kommunikativen Zielen, reflektieren wir selten über die Sprache selbst. Im Werk von Heinz Gappmayr jedoch wird die Sprache als etwas Selbständiges sichtbar. Neben der Divergenz zwischen Begriff, Wort und außersprachlichem Gegenstand ist es auch die geschriebene Sprache als bildnerische Realität, die den Künstler interessiert. Durch die Reduktion auf einzelne Wörter wird die Sprache als visuelle und zugleich gedankliche Realität erfassbar. In dem vierteiligen Werk sichtbar bedingt die Ausdehnung der einzelnen Buchstaben, die Gappmayr in Beziehung zu ihrer Bedeutung setzt, die reizvolle Spannung zwischen dem schwarzen Grund und dem immateriellen Weiß der Buchstaben. Im zentralen Ausstellungsraum ist eine vertikale Wortreihe zu sehen: nthn, rdnm, gnrl, etc. Titel des Werkes ist Nicht-Wörter. Die Wörter scheinen uns fremd. Wir fragen nach möglichen Bedeutungen. Doch diese gibt es in einem semantischen Sinn hier nicht. Jene kleinste bedeutungstragende semantische sprachliche Einheit, die die Sprachwissenschaft als Lexem bezeichnet, ist in dieser vokallosen Serie nicht zu finden. Es gibt hier kein „sinnvolles“ Wort. Doch Gappmayr geht es um die Poetisierung von Sprachpartikeln jenseits eines außersprachlichen Sinnzusammenhangs. Die Nicht- Wörter haben ihre eigene Physiognomie, jedes unterscheidet sich vom anderen. Der Betrachter wird zum Rezipienten einer Sprache, die es nicht gibt, einer Wortbedeutung, die sich allem Inhaltlichen entzieht. In diesem Sinn sind es gerade jene Nicht-Wörter, bei denen sich die Sprache aus den Zwängen des Kommunikativen befreit. Die Uneigentlichkeit der Sprache wird hier aufgehoben.

Ebenso wie in Gappmayrs konzeptuellen Ein-Wort Konstellationen, bei denen der Künstler die Grenze zwischen freier Lineatur, Architektur des Buchstaben und Wortbedeutung hinterfragt, geht es bei seinen Werken immer um die Präsenz der Sprache selbst. Die Sprache ist eine Wirklichkeit des Denkens. Wörter sind visuell erfassbar. Sie stehen an der Schwelle zwischen dem konkreten, außersprachlichen Wahrnehmungsgegenstand einerseits und der konzeptuellen Ebene des rein Begrifflichen, Gedachten andererseits. Besonders deutlich wird dies im zweiten zentralen Bild der Ausstellung, WEISS. Fragmente des Wortes, an der Grenze zwischen reiner Lineatur und Buchstaben, sind über der Bildfläche verteilt. Die sprachliche Bedeutung des Farbbegriffes durchdringt den Bildraum. Eine sprachliche Wirklichkeit trifft auf ihre sinnlich wahrnehmbare Entsprechung. In ihrer nur scheinbaren Einfachheit schaffen sie eine Verbindung zwischen der Welt konkreter Anschauung und einer vorgestellten Wirklichkeit. Heinz Gappmayr fasziniert vor allem die Tatsache, dass sie auch nicht anschauliche, abstrakte Begriffe in der Schrift sichtbar machen können: Raum, Zeit, kategoriale Bestimmungen. Die Konzentration auf das einzelne Wort spiegelt die Schönheit des rein Begrifflichen ebenso wider wie die Spannung zwischen der Einfachheit des Wortes und der Komplexität des Gedachten. In ihrer Klarheit lässt die Sprache in den Werken Heinz Gappmayrs den Betrachter über sie staunen und sie als etwas verstehen, das weit mehr ist, als eine Möglichkeit zu kommunizieren. Die Sprache ist hier eine subtile Reflexion über elementare Bedingungen der Wirklichkeit.

Gaby Gappmayr, 2007